Am 23.06.2016 hat sich das britische Volk mehrheitlich dazu entschlossen, die Europäische Union zu verlassen. Während die innenpolitische Hängepartie mit der neuen Premierministerin Theresa May langsam ein Ende findet, bleibt der genaue Ablauf des Ausstiegs noch immer weitestgehend unklar ist, es zeichnen sich doch bereits jetzt Auswirkungen ab, die auch den deutschen Immobilienmarkt betreffen werden.
Während internationale Investoren in Scharen offene Immobilienfonds mit hohen Anteilen von Gewerbeimmobilien in ihrem Portfolio wie z.B. Standard Life Investments, Aviva oder auch M&G Investments verlassen und die Gesellschaften als Folge dieser Kapitalflucht den Handel mit ihren Anteilen einstellen mussten, könnten sich Investoren laut Andreas Mattner, dem Präsidenten des Zentralen Immobilien Ausschusses, wegen der stabilen Fundamentaldaten mit vergleichsweise moderaten Preisen selbst in Spitzenlagen „nun verstärkt auch in den deutschen Standorten nach neuen Möglichkeiten umsehen“.
Durch den britischen Ausstieg wird sich Deutschlands Vormachtstellung als stärkste Volkswirtschaft innerhalb Europas weiter verstärken, was sich auch in der Attraktivität für die Um- bzw. Neuansiedlung von Unternehmen widerspiegeln wird. Diese Entwicklung wird wiederum die Kapitalströme in Richtung deutscher Metropolen verstärken, mehr Jobs für mehr qualifizierte Mitarbeiter und potenzielle Kandidaten kreieren und dadurch einen Kreislauf in Bewegung setzen, der die Attraktivität immer weiterer Unternehmen nach sich ziehen wird.
Bereits die Ankündigung größerer Finanzinstitute und Konzerne, nach dem Brexit zumindest Teile ihrer in London ansässigen Niederlassungen auf das europäische Festland zu verlegen, zeigte erste Wirkungen auf die regionalen Immobilienpreise. Laut dem Immobilienberatungsunternehmen Catella gehen „vorsichtige Schätzungen davon aus, dass in mittelbarer Folge rund 70.000 Arbeitsplätze in London wegfallen könnten“ und verweist auf den Umzug der Europäischen Zentralbank (EZB) in das neue Frankfurter Hauptquartier 2014, das ebenfalls einen Preisanstieg zur Folge hatte, der auch privat genutzte Immobilien einschloss.
Neben der Verlegung von Büros und Arbeitnehmern aus dem Finanzsektor von London nach Frankfurt zeichnen sich auch wahrscheinliche Zugewinne der Berliner Wirtschaft ab.
Wie die Berliner Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer sagte, war „London bislang ein wichtiger Standort für die Europazentralen multinationaler Unternehmen, die auch weiterhin im Kern Europas verankert sein wollen”, „bereits in den vergangenen zwei Jahren haben sich rund 50 Unternehmen mit ihren Headquarters in Berlin angesiedelt. Weitere sind willkommen.”
Da sich Berlin durch seine zentrale Lage innerhalb Europas und der Europäischen Union bereits jetzt zu dem wichtigsten Knotenpunkt dieser Szene entwickelt hat, dürfte Berlin hierbei besonders für junge Start-Ups von Interesse sein. Einer Stellungnahme des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V. zufolge betrachten gerade sie sich nicht als deutsche oder britische Unternehmen, sondern als europäische Gründer, die sich für internationale Märkte gründen und hierbei Zugang einen offenen und starken Binnenmarkt benötigen.
Diese Verlagerungen von wirtschaftlichen Kapazitäten und der dadurch steigende Bedarf nicht nur an gewerblich nutzbaren Immobilien, sonders ebenfalls an bereits knappen Wohnraum wird die Immobilienpreise besonders in begehrten Wohnlagen weiter in die Höhe treiben und Besitzern wie auch Investoren gleichermaßen steigende Immobilienpreise und Renditen bescheren.